Aurelius PATSCHEIDER
- Geboren: 25.9.1924
- Gestorben: 31.5.2017
Eltern:
- Vater: Josef PATSCHEIDER geb. 11.6.1891
- Mutter: Magdalena STETTER
Heirat:
- am 11.6.1955 mit Hildeborg BERGMEIR geb. 12.6.1925 in Augsburg
Kinder:
- Keine
Lebensstationen:
Es sind nur wenige Lebensstationen bekannt. Er war Professor für Mathematik und Physik am Gymnasium in Fürstenfeldbruck. 1973 wechselte er in das neue Viscardi-Gymnasium und wurde dort Gründungsdirektor. Er war Oberstudiendirektor und wurde 93 Jahre alt und war zuletzt im Pflegeheim Eichenau. Er scheint ein besonderer Mensch gewesen zu sein, zumindest geht das aus einem Nachruf von einem seiner Schüler hervor.
Nachruf von Bernd Späth (kursiv sind Original-Inhalte):
Dann gab es natürlich noch den unübertrefflichen „Mumin”. Wer genau ihm diesen Namen verpaßte, ist mir unbekannt. Ursprünglich gehörte er einer Comicfigur in einschlägigen Boulevardzeitungen. Mein damaliger Banknachbar, der Krois Klausi, brachte ihn eines Tages an, und wir nahmen ihn begeistert auf. Womit Prof. Aurelius Patscheider für den Rest unserer Schulzeit seinen Spitznamen weg hatte. Er lehrte Mathematik und Physik, trug die aschblonden Haare über dem breitflächigen Gesicht stets wie mit dem Lineal nach hinten gekämmt; trug eine riesige Armbanduhr und fast immer sehr breite Krawatten, die er farblich zu seinem weißen Lehrerkittel abzustimmen schien.
Inzwischen bin ich viel in der Welt herumgekommen, alleine in den letzten 12 Monaten waren es 100.000 Flugkilometer. Doch niemals wieder habe ich einen Mann von so finaler Korrektheit erlebt. Typisch war das fast religiöse Zeremoniell, das er jeweils einen Tag vor der Durchführung einer schriftlichen Prüfung abhielt. Weihevoll teilte er sein kariertes Papier aus und dozierte in seinem entrückten Singsang: „Papier um- dre-hen auf die vierte Seite. Vier-te ge-druck-te Linie von un-tennn: Strich mit Tin-te, auch auf den Rand hinaus. Un-ter die-sen Strich darf wäh-rend der Prü- fungs-ar-beit nichts ge-schrie-ben wer-den ...”,
Skurrilerweise hielt sich in Schülerkreisen die Behauptung, „Mumin” sei vordem wegen übermäßiger Schlamperei (sic!) ans GRG strafversetzt worden. Ich hielt es für Pennälergeschwätz. Solche Menschen werden schon so geboren. Seine bis ans Skurrile grenzenden Korrektheits-Rituale änderten allerdings nichts daran, daß er ein hervorragender Lehrer war.
„Rhythmus verschafft Stabilität!” dozierte mir 20 Jahre später ein Bonner Chefarzt, der mich zu regelmäßigem Sport überreden wollte. Wenn es jemals den lebenden Beweis für diese einfache Wahrheit gegeben hat, dann war es „Mumin”. Gab es ansonsten unter den Lehrern Zyniker, Wehleider, überzogene Selbstdarsteller, Duckmäuser oder coole Jobverwalter (neben den netten Typen, die hier nicht alle namentlich genannt werden können), so war „Mumin” die psychische Stabilität in Person - und die Gerechtigkeit in Person. Und das war es eigentlich: Sein strikt nach Kästchen durchgezähltes System produzierte nicht nur einen gleichbleibend hochstehenden Unterricht, es produzierte sogar etwas für Schüler äußerst Seltenes: Gerechtigkeit. Er war einfach zu konsequent in seine eigenen mathematisch abgezirkelten Zeremoniell verwickelt, als daß er sich jemals einen Ausklinker erlaubt hätte. Eigentlich ist er in meiner Erinnerung der einzige Lehrer, bei dem jeder die gleiche Chance hatte. Den Vorbildcharakter einer solchen Persönlichkeit sollte man nicht unterschätzen! Außerdem war er in meiner ganzen Schulzeit der einzige Lehrer, der eine Ungerechtigkeit gegenüber einem Schüler einsah und sie vor der Klasse augenblicklich korrigierte.
Die Art, wie er mathematische und naturwissenschaftliche Sachverhalte darstellen konnte, war ebenso trocken wie einleuchtend. Die Präzision, mit der er seine physikalischen Experimente präsentierte, war unschlagbar. Mit einer einzigen Ausnahme, bei der „wahrscheinlich die Putzfrau” ihm meuchlings einen Netzstecker herausgezogen hatte. Sein Gesicht verriet damals nicht etwa Wut, sondern tiefe Ratlosigkeit darüber, daß ein Element des Zufalls sich in seiner wohldurchdachten Anordnung breit gemacht hatte.) Daß er darüber hinaus ein ganz feiner Kerl war, dem seine Schüler am Herzen lagen, versuchte er hinter dienstlicher Distanz zu verbergen. Erfolglos, er wurde trotzdem respektiert.
15 Jahre später traf ich ihn an einem Lehrerstammtisch im Hotel Post. „Ja, aah, jetzt weiß ich Ih-ren Na-men nicht mehr, a-ber Sie sind der Ark-tis-mensch!” Er hatte meine Artikelserie in der „Süddeutschen Zeitung” über eine meiner Expeditionen gelesen.
Quellen (kursiv sind Original-Inhalte):
- Dr. Richard Patscheider: Vom Oberrhein zum Etschquellraum Seite Z44:
3. Josef Patscheider, gb. 1891 VI. 11, h. in Kempten 1923 XI. 12. Magdalena Stetter und erwirbt eine Bäckerei mit Café in Endorf am Chiemsee: Sein Sohn Aurelius, gb. 1924 IX. 25. ist zur Zeit Stud. Professor in Fürstenfeldbruck, h. 1955 VI. 11. Hildeborg Bergmeir, gb. 1925 VI. 12. in Augsburg. - Sterbeanzeige:
Belegt Geburts- und Sterbedatum: *25. September 1924 +31. Mai 2017 - Mitteilung von Klaus Volpert vom 12.8.2006 per E-Mail:
Aurelius, der Mathematiker in Fuerstenfeldbruck wurde, aber auch kinderlos blieb - Nachruf von Bernd Späth:
Ursprünglich aus: http://www.cip.physik.tu-muenchen.de/~grg/bspaeth.htm später von Hrn. Späth per E-Mail bestätigt und zur Verwendung in diesen Seiten authorisiert.